ergänzende Erklärung zur Konzeption

Was will ich, Frank Oppermann? Was wird aus dem Kleinen Theater Bad Godesberg, wenn sich die Stadt Bonn für mein Konzept entscheidet?

 

Als allererstes bin ich froh, dass die Stadt diese Immobilie als Kulturplatz erhalten will, was in der Ausschreibung, die am 03.05.2018 in einer Ratssitzung beschlossen wurde, entsprechend in allen Modellen Bedingung ist. Die Immobilie kann gepachtet, in Erbpacht übernommen oder gekauft werden. Der Nutzer muss die Sanierungskosten, die die Stadt mit EUR 630.000,– Euro beziffert hat, übernehmen und die Erledigung derselben, der Stadt nachweisen. Ferner verpflichtet sich der Erbpächter/Mieter/Käufer die kulturelle Bespielung für bis zu 30 Jahre sicherzustellen. Eine Unterbrechung von mehr als 6 Monaten bedeutet das Ende des Miet- oder Erbpachtvertrages bzw. die Rückabwicklung des Kaufvertrages ohne Anspruch auf Ersatz für die bis dahin aufgewendeten Maßnahmen. Dabei entfällt ab dem Jahr 2019 die komplette Förderung durch Stadt und Land, was einer Gesamtsumme von rund EUR 150.000,00 entspricht.

Das ist nicht gerade eine kleine Aufgabe. Aber das Theater, vor allem das freie Theater, ist gewohnt mit widrigen Umständen umzugehen und auch die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht aufzugeben. Keiner von uns würde hier arbeiten, wenn es darum ginge, damit reich zu werden. Der scheidende Ulmer Operndirektor, Matthias Kaiser, benannte in seiner Abschiedsrede jeden Theaterjob als prekär. Dem muss man als Theaterschaffender leider zustimmen. Kultur muss immer um seinen Rang und seine Wertschätzung kämpfen. An dem Tag, als wir diese Branche als unser Arbeitsgebiet gewählt haben, sind wir in dieses tägliche Risiko eingestiegen. Es wäre eine Lüge, dieses Risiko nicht zu benennen. Dennoch machen wir unseren Beruf mit Leidenschaft und Hingabe, jeden Tag und viele bis zu dem Moment, bis es einfach nicht mehr geht. Die Hoffnung bleibt, dass die Kultur in der Breite wieder eine höhere Wertschätzung erfährt. Das ist für mich Ansporn genug mit dem Kleinen Theater in die Zukunft gehen zu wollen.

 

Mein Mietangebot für 30 Jahre bietet meines Erachtens folgende Vorteile für die Stadt:

  • die Stadt muss diese Immobilie nicht verkaufen und behält sie mit dem vollen Wert in den Büchern
  • die Stadt bezieht Einnahmen aus einem Objekt, dessen Sanierung vom Pächter geleistet wird, die in der Höhe sogar dem normalen Erbpachtzins entsprechen.
  • die Stadt gewinnt durch Einnahmen und Wertzuwachs infolge der Sanierung
  • im Falle eines Verstoßes gegen die Auflagen der Ausschreibung ist eine Durchsetzung der Rückabwicklung einfacher und nahezu kostenfrei durchzuführen

Dabei möchte ich mit meinem Konzept Brücken schlagen. Mit größtem Respekt möchte ich das Lebenswerk von Walter Ullrich übernehmen und behutsam modernisieren. Kein Abonnent muss und soll befürchten, seine Bedürfnisse nicht mehr erfüllt zu bekommen. Dennoch wird es maßvolle Änderungen und Neuerungen geben. Was bleiben soll, ist diese besondere Mischung, die Herr Ullrich dem Publikum geboten hat. Von der Komödie, über Musical, bis hin zum Schauspiel-Klassiker, der sich im Kleinen Theater fast immer historisch und ganz eng an der Vorlage bewegt hat und damit nicht den interpretatorischen Auftrag eines Stadttheaters verfolgt. In meinem Spielplanentwurf hatte ich bewusst aber auch den modernen amerikanischen Klassiker gesetzt, da dieser exemplarisch die Welt zwischen U und E verbindet, weil er populäre Filmvorlagen entstehen ließ. Ich möchte die noch immer stark ausgeprägten Grenzen von U (unterhaltende Kunst) und E (ernsthafter Kunst) aufweichen und viele Arten von Grau, zwischen Schwarz und Weiß entstehen lassen. Das war aber immer auch schon Herrn Ullrichs Anspruch. Gute Unterhaltung muss man fachlich ernst nehmen und mit Qualität erfüllen. Dann heben sich die Grenzen zwischen U und E auf.

Auch die im Kleinen Theater gelebte Tradition der En-suite-Produktion, also der fortlaufenden Vorstellungsreihe im Monatsrhythmus, soll so bestehen bleiben. Es wird jedoch zwischen den En-suite-Produktionen durch eine Reduzierung von bisher i. d. R. 25 Vorstellungstagen auf ca. 20, ein wenig mehr Platz für einmalige bzw. kürzer laufende Produktionen geben, um auch beliebte Tourneeproduktionen aus dem aktuellen Musik- und Showbereich anbieten zu können.  Musik soll insgesamt einen noch größeren Stellenwert bekommen. Matineen und Autorenlesungen sollen unter meiner Leitung auch ihren Platz im Kleinen Theater finden.

Ich freue mich auf eine mögliche Zusammenarbeit mit starken Kooperationspartnern, wie Robert Christott, dem Leiter der renommierten, umfassend ausbildenden Theaterakademie Köln . Hier könnten künftig Produktionen entstehen, die von jungen Schauspiel- und RegiestudentInnen erarbeitet, gespielt und inszeniert werden sollen, sodass das Kleine Theater ganz gezielt Nachwuchsförderung betreiben kann. Auch die Arbeit in der Verwaltung und hinter der Bühne könnten den StudentInnen für die Erweiterung der Kenntnisse um einen Theaterbetrieb im Ganzen, zugänglich gemacht werden. Damit könnte das Kleine Theater eine Anbindung an die junge Generation nach allen Seiten schaffen. Es würde eine Möglichkeit für die StudentInnen sein, sich zu erproben und sich zu zeigen. Es wird für das Kleine Theater eine Möglichkeit sein, mit einer ganz jungen Ausdrucksform eben das Publikum anzusprechen, dem diese junge moderne Sprache eigen ist und damit das Kleine Theater in ein Mehrgenerationen Projekt einzubinden. Ein Brückenschlag zwischen den Generationen also.

Vielfach wurde ich in der jüngsten Vergangenheit auf meinen Kooperationswillen angesprochen, mit anderen Bonner Theatern und Gruppen zusammenzuarbeiten. Das würde ich selbst sehr begrüßen und ich sehe da viele Möglichkeiten. Das Konzept des Spielbetriebes beruht ja bereits jetzt auf einer Mischung aus Eigenproduktionen und eingekauften Gastspielen. Das bietet einen großen Spielraum. Dabei darf aber die Identität des Kleinen Theaters nie aus den Augen geraten und es muss wirtschaftlich immer für beide Seiten machbar sein. Auch hier möchte ich Brücken zwischen uns Theaterschaffenden bauen, die für alle Seiten langfristig und ergiebig angelegt sein sollten.

Mit meinen „Brückenschlägen“ möchte ich am Kleinen Theater selbst Werte pflegen, die gerade überall auf der Welt in Bedrängnis geraten. Gemeinsamkeiten suchen, Offenheit und Transparenz, Kommunikation auf Augenhöhe, Fairness und Respekt – all das sind Begriffe, die es gilt mit Leben zu erfüllen. Das wird im Alltag unserer gesellschaftlichen Gewohnheiten auch keine leichte Aufgabe. Dessen bin ich mir bewusst. Es erfordert ein hohes Maß an Konsequenz und Disziplin, wenn man nicht, mit nur der Benennung der Absicht bereits, als naiv gebrandmarkt werden will.

Eine weitere Neuerung wird die Modernisierung des Kartenverkaufs sein. Für alle Vorstellungen müssen die Karten künftig online und spontan verfügbar sein, und zwar auch an den in der Breite bekannten Vorverkaufsstellen. Die bisherige Praxis den Verkauf nahezu ausschließlich über das Theaterbüro oder an der Abendkasse abzuwickeln, ist alleine nicht mehr ausreichend. Die Werbung soll alle zeitgemäßen Kanäle effektiv nutzen und damit das Publikum noch umfassender über das Programm zu informieren. In diesem Bereich könnte ich von dem exzellenten Knowhow einer weiteren starken Kooperationspartnerin profitieren. Petra Richter möchte mich und das Kleine Theater durch ihre beratende Mitarbeit unterstützen.

Die Sanierungsarbeiten müssen im laufenden Betrieb erledigt werden, da das Theater keine längeren Einnahmenverluste erleiden darf. Bauliche Änderungen soll es zunächst nicht geben, es sei denn sie sind aufgrund rechtlicher Vorgaben zwingend notwendig. Im Vordergrund stehen die wesentlichen Sanierungsaufgaben, die im Jahre 2017 festgestellt wurden. Die Priorität wird durch die Maxime des Substanzerhalts bestimmt. Die betrieblichen und wirtschaftlichen Umstände machen eine Verteilung der Arbeiten bis ca. 2029 erforderlich. Dann sollten die wesentlichen Aufgaben des Sanierungskatalogs vorerst erfüllt sein und das Theater kann die freiwerdende Liquidität für wichtige Investitionen technischer Art verwenden. Sonstige Umbauten oder gestalterische Maßnahmen müssen jeweils hinsichtlich des Denkmalschutzes und der bestehenden Betriebsgenehmigung geprüft werden. Beide dürfen auf keinen Fall gefährdet oder beschädigt werden.

Die begleitende Theater-Gastronomie soll attraktiver und professioneller gestaltet und in Eigenverantwortung übernommen werden. Sie soll damit einen nicht unwesentlichen Bestandteil der wegfallenden Fördergelder ersetzen.

Die wirtschaftlichen Bedingungen machen es erforderlich das vorhandene Personal mit größtmöglicher Effizienz einzusetzen. Das betrifft natürlich auch meine Person und ich werde in allen Bereichen des Theaters mitarbeiten. Von den Leitungsaufgaben, dem Büromanagement, über den Vorderhausbereich, als auch auf und hinter der Bühne werde ich meine Aufgaben wahrnehmen.

Ich baue dabei auf die vorhandenen Strukturen des Theaterbetriebes, aber auch auf die des bestehenden Fördervereins, den ich selbst auch mit persönlicher Akquise von möglichen Förderern und Sponsoren künftig noch unterstützen möchte, da der Förderverein neben den Möglichkeiten durch die dazukommenden Crowdfunding-Aktionen, bei gleichzeitigem Wegfall von öffentlichen Fördermitteln eine wesentliche Stütze sein kann, sein muss.

Ich freue mich sehr, dass mir Herr Ullrich seine volle Unterstützung für die Fortsetzung seines Lebenswerkes zugesagt hat. Das ist ja auch nicht selbstverständlich. Auch freue ich mich über die vielen wunderbaren Angebote aus den bundesweiten Kollegenkreisen, mich in meiner Arbeit mit Rat und Tat unterstützen zu wollen. Das erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit.

Ich hoffe sehr, dass ich zumindest die Mehrheit der für die Entscheidung Verantwortlichen von meiner Konzeption überzeugen kann und setze auf eine schnelle und zügige Entscheidung, da davon auch ein erfolgreicher Start in die Spielzeit 2019/2020 und in einen 30 Jahre unterbrechungsfreien Spielbetrieb abhängt.

Bei weiteren Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Herzliche Grüße

Frank Oppermann